In Gesprächen auf der letzten VSN Lagebeurteilung wurde der Wunsch an die Redaktion herangetragen, die strategische Bedeutung des Rohstoffes Phosphor der VSN Community zu demonstrieren.

 

Was macht Phosphor so wichtig?

Bis 2050 werden 9,7 Mrd. Menschen diesen Planeten bewohnen. Sie alle wollen essen. Von der Landwirtschaft wird deshalb erwartet, dass sie ihre Produktion um 70 Prozent steigert. Je mehr Phosphor einer Pflanze zur Verfügung steht, desto besser wächst sie. Bauern bringen deshalb granulatförmigen Phosphatdünger auf die Felder aus. Regen spült das Granulat ins Erdreich, wo sich die meisten Pflanzen dann zusammen mit Pilzverbindungen den Phosphor herauslösen.

 

Wo findet sich phosphathaltiges Gestein?

Der Planet Erde enthält in seiner Erdkruste nur geschätzte 0,11 Prozent Phosphor. Sedimentäre Gesteine bilden zu 80 Prozent die Basis der Phosphatgewinnung, welche vor allem im Tagebau in Marokko, weiteren afrikanischen Staaten, den USA, dem Nahen Osten und China stattfindet. Magmatische Gesteine, welche für die direkte Düngung ungeeignet sind und industriell aufgearbeitet werden müssen, haben etwa 17 Prozent Anteil an der Weltförderung und finden sich in Russland, Kanada, Südafrika, Brasilien, Simbabwe, Uganda, Malawi und Sri Lanka. Guanodünger (Vogelkot) ist mit 1-2 Prozent, der einzige regenerative Anteil der Weltförderung. Der energetische und technische Aufwand steigt mit der schlechter werdenden Erzqualität und schlägt sich nieder in den rund 300 verfügbaren Sorten von Phosphat, unter dem Handelsnamen PR (phosphate rocks). 80 Prozent der abgebauten Phosphate werden industriell für den Einsatz in Düngemitteln verarbeitet.

 

Wie steht es um die 

Die Grafik zeigt die Reserven (Stand: 2009) an Phosphatgestein der wichtigsten Abbauländer an und die dort seit 1900 bereits geförderten Mengen. Marokko und China haben die grössten Reserven und es wurde dort anhin erst recht wenig gefördert, wodurch diese Länder wohl noch am längsten von ihren Reserven profitieren können. Die USA und Russland haben ihre Vorräte deutlich reduziert.

 

Peak Phosphor?

Unter Aufsummierung der Förderprofile der weltweit produzierenden Staaten, lässt sich das Fördermaximum von Phosphatgestein pessimistisch geschätzt auf einen Zeitpunkt zwischen 2020 und 2030 eingrenzen. Um das Jahr 2050 werden vermutlich nur noch Marokko und China über bedeutende Phosphatreserven verfügen und mit einem Anteil von 90 Prozent die weltweite Phosphatförderung dominieren.

 

Gibt es Warnzeichen für eine Krise?

Vier Länder besitzen rund 80 Prozent aller Vorkommen. Es sind Marokko und die Westsahara, China und, etwa gleich, Südafrika und Jordanien. Europa ist zu 90 Prozent abhängig von Importen aus diesen Ländern. 2008 gab es bereits eine Phosphorkrise. Die Nachfrage nach Dünger stieg. China verhängte Ausfuhrzölle. Hamsterkäufe und Spekulationen trieben den Kassapreis für Diammoniumphosphat (DAP) von 44 auf 430 Dollar pro Tonne. Dieser Preisanstieg von 800 Prozent führte in Indien, welches mit einem Anteil von 27% an den globalen Importen grösster Nachfrager im Welthandel ist, zu Demonstrationen von Bauern, die den Dünger nicht mehr bezahlen konnten, wobei zwei Personen getötet wurden. In Australien, der Nummer sieben bei der Produktion von Weizen auf der Welt, ist der Mangel an Phosphor im Boden bereits eklatant. Auch in allen afrikanischen Ländern südlich der Sahara ist das Gedeihen der Nutzpflanzen stark durch den Phosphormangel gefährdet. „Für viele Länder berührt es die nationale Sicherheit„, hält das Weißbuch des „Chemical Sciences and Society Summit“ fest, „wenn eine kleine Gruppe von Ländern die Restbestände zahlreicher wertvoller, lebenswichtiger Ressourcen kontrolliert.“

 

Gibt es Auswege aus der Phosphor-Abhängigkeit?

Die Lösung heisst: Recycling. Im Ausscheidungszyklus von Mensch, Tier und Pflanzen geht viel zu viel des kostbaren Rohstoffs verloren. Daher sollte u.a. aus nicht verwendeter Biomasse (Speisereste), Abwässern (Klärschlamm) und anderen Fäkalien (Gülle) versucht werden, soviel wie möglich des kostbaren Rohstoffs in Reinform zurückzugewinnen, damit sich der Importabhängigkeit möglichst schnell entzogen werden kann. An erster Stelle steht jedoch das Bewusstsein dafür zu schaffen wie kostbar dieser Rohstoff eigentlich ist, und die Verschwendung als Wasserbinder in Fleisch, Treibmittel in Backwaren, Geschmacksverstärker in Cola, Wasserenthärter oder Poliermittel in Zahnpasta zu beenden.

Philipp Hauenstein
MA UZH, VSN Vorstand